Was ist das ELStAM Verfahren?

Von Olga Prosvetova Olga Prosvetova Selbstständige Steuerberaterin mit langjähriger Erfahrung in diversen kleinen und mittelständischen Steuer-Kanzleien. • Veröffentlicht am 19.02.2022- zuletzt aktualisiert am 03.01.2024

Alle Fakten im Überblick

  • Das ELStAM Verfahren ermöglicht es dem Arbeitgeber, Daten des Arbeitnehmers elektronisch abzurufen
  • Die Elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELStAM) beinhalten alle relevanten Besteuerungsmerkmale (Lohnsteuerabzugsmerkmale) eines jeden Arbeitnehmers
  • Voraussetzung für den Abruf ist eine Registrierung in Mein ELSTER
  • So genannte Änderungslisten zeigen den aktuellen Stauts der Lohnsteuerabzugsmerkmale eines jeden Arbeitnehmers (dies ist z.B. relevant, wenn sich die Steuerklasse des Arbeitnehmers geändert hat)

Das elektronische Lohnsteuerabzugsverfahren, kurz ELStAM, wurde im Kalenderjahr 2013 eingeführt. Es hat die herkömmliche Lohnsteuerkarte in Papierform abgelöst. Das Verfahren ermöglicht dem Arbeitgeber schneller und unbürokratischer alle Lohnsteuerabzugsmerkmale des Arbeitnehmers elektronisch abzurufen. Rechtsgrundlage ist, u.a. der § 39 EStG.

Inhalt bzw. ELStAM Daten

Gemäß § 39 Abs. 4 EStG sind Lohnsteuerabzugsmerkmale:

  • Steuerklasse (§ 38b Abs. 1 EStG) und Faktor (§ 39f EStG)
  • Zahl der Kinderfreibeträge in den Steuerklassen I bis IV (§ 38b Abs. 2 EStG)
  • Freibetrag und Hinzurechnungsbetrag (§ 39a EStG)
  • Höhe der Beiträge für eine private Krankenversicherung und für eine private Pflegeversicherung (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nummer 3 Buchstabe d EStG) für die Dauer von 12 Monaten, wenn der Arbeitnehmer dies beantragt
  • Mittteilung, dass der von einem Arbeitgeber gezahlte Arbeitslohn nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Lohnsteuer freizustellen ist, wenn der Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber dies beantragt.

ELStAM Verfahren: Anmeldung

Jeder Arbeitgeber bzw. sein Vertreter (z.B. Steuerberater) hat die bei Ihm beschäftigten Arbeitnehmer einmalig elektronisch beim ELStAM Verfahren anzumelden. Bei der Anmeldung muss der Arbeitgeber folgende Daten des Mitarbeiters mitteilen:

  • Geburtsdatum
  • Steuerliche Identifikationsnummer
  • Beginn des Arbeitsverhältnisses
  • Angabe, ob es sich um das erste Arbeitsverhältnis (Hauptbeschäftigung) handelt
  • Ob weitere Arbeitsverhältnisse bestehen

Mit diesen Daten kann der Arbeitgeber alle erforderlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale elektronisch beim Finanzamt abrufen. Für jegliche Änderungen (Heirat, Wechsel der Steuerklasse, Kinder) ist die Finanzverwaltung zuständig. Diese werden dem Arbeitgeber bzw. dem Vertreter in den monatlichen Änderungslisten elektronisch mitgeteilt. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses muss der Arbeitnehmer entsprechend abgemeldet werden. Die Abmeldung hat zur Folge, dass der Arbeitgeber keine Daten dieses Arbeitnehmers mehr elektronisch abrufen kann.

Die abgerufenen Lohnsteuerabzugsmerkmale sind dem Arbeitnehmer mitzuteilen und auf dem Lohnkonto aufzuzeichnen.

Was passiert beim Arbeitgeberwechsel?

Im Falle eines Arbeitgeberwechsels muss der bisherige Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzeigen, d.h. den Mitarbeiter elektronisch abmelden, (§ 39e Abs. 4 Satz 5 EStG). Ist die Abmeldung zeitnah erfolgt, so erhält der neue Arbeitgeber die ELStAM ab dem Beginn des Arbeitsverhältnisses. Es kann vorkommen, dass der neue Arbeitgeber den Arbeitnehmer anmeldet, ohne dass der alte Arbeitgeber den Mitarbeiter abgemeldet hat. In diesem Fall sind zwei Konstellationen zu unterscheiden:

  • Anmeldung des Arbeitnehmers innerhalb von 6 Wochen seit Beginn des neun Arbeitsverhältnisses: der neue Arbeitgeber erhält die ELStAM ab Beginn des Arbeitsverhältnisses; der alte Arbeitgeber muss eine Besteuerung nach der Steuerklasse VI vornehmen
  • Anmeldung des Arbeitnehmers nach Ablauf von 6 Wochen nach Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses:  der neue Arbeitgeber erhält die ELStAM ab dem Zeitpunkt der Anmeldung; der alte Arbeitgeber muss eine Besteuerung nach Steuerklasse VI durchführen

Müssen geringfügig Beschäftigte am ELStAM-Verfahren teilnehmen?

Bei den geringfügig Beschäftigten hat der Arbeitgeber ein Wahlrecht, ob er die Besteuerung pauschal mit 2% oder nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen durchführt. Arbeitnehmer, die pauschal besteuert werden, müssen nicht am ELStAM-Verfahren teilnehmen. Erfolgt hingegen eine Besteuerung nach den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen, muss der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer zum ELStAM-Verfahren anmelden.

Härtefallregelung

§ 39e Abs. 7 EStG sieht eine so genannte Härtefallregelung vor. Sofern es dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, die ELStAM elektronisch abzurufen, wird auf ein Ersatzverfahren zurückgegriffen. Hierfür muss der Arbeitgeber einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser ist über ein amtlich vorgeschriebenes Formular einzureichen. In diesem Antrag muss der Arbeitgeber folgende Daten angeben:

  • Arbeitgeber-Steuernummer
  • Identifikationsnummer des Arbeitnehmers
  • Geburtsdatum des Arbeitgebers
  • Angabe, ob es sich um den Hauptarbeitgeber handelt

Sofern dem Antrag stattgegeben wird, erhält der Arbeitgeber die Lohnsteuerabzugsmerkmale in Papierform, d.h. das zuständige Finanzamt meldet den Mitarbeiter selbst in der ELStAM Datenbank an. Dieser Antrag ist jedes Jahr neu zu stellen. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber dies dem zuständigen Finanzamt mitzuteilen.

Beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer

Ab dem 01.01.2020 sind beschränkt einkommensteuerpflichtige Arbeitnehmer beim ELStAM-Verfahren zu berücksichtigen, so ein BMF-Schreiben v. 07.11.2019. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer eine Identifikationsnummer zugeteilt bekommen kann. Ausnahmen gibt es für Arbeitnehmer, die auf Antrag unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder erweitert unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind sowie für Arbeitnehmer, die sich nur zeitlich begrenzt in Deutschland aufhalten und einen Freibetrag haben.

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