Was alles fällt unter Werbungskosten?

Von Olga Prosvetova Olga Prosvetova Selbstständige Steuerberaterin mit langjähriger Erfahrung in diversen kleinen und mittelständischen Steuer-Kanzleien. • Veröffentlicht am 30.06.2021- zuletzt aktualisiert am 03.01.2024

Definition: Was versteht man unter Werbungskosten?

Das Einkommensteuerrecht kennt insgesamt sieben Einkunftsarten und unterteilt diese in zwei Kategorien: Gewinneinkünfte, und so genannte Überschusseinkünfte.
Je nachdem welche Art von Einkünften vorliegt, wird der Gewinn bzw. Überschuss unterschiedlich ermittelt. Bei den Überschusseinkunftsarten werden die Einkünfte als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt, § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG.

Damit können die Werbungskosten bei den folgenden Einkunftsarten entstehen:

  • Einkünfte aus nicht selbstständiger Arbeit
  • Einkünfte aus Kapitalvermögen
  • Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
  • Sonstige Einkünfte

Der Begriff der Werbungskosten ist im § 9 Abs. 1 S. 1 EStG definiert. Danach sind Werbungskosten »Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung, und Erhaltung der Einnahmen«.
Aus dieser Definition ergibt sich, dass Werbungskosten nur dann zum Abzug zugelassen sind, wenn diese beruflich veranlasst sind, d.h. im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen.
Aufwendungen, die aus beruflichen Gründen entstanden sind, können in voller Höhe als Werbungskosten abgezogen werden. Private Aufwendungen zählen hingegen zu den so genannten Kosten der privaten Lebensführung, § 12 EStG und dürfen bei der Einkünfteermittlung nicht berücksichtigt werden.
Oftmals entstehen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen, die sowohl beruflich als auch privat veranlasst sind (»gemischte Veranlassung«). Hierbei ist unter bestimmten Voraussetzungen eine Aufteilung und damit eine teilweise Berücksichtigung möglich. Die Aufteilung muss dabei grundsätzlich nach objektiven Merkmalen erfolgen, die berufliche Veranlassung muss explizit dargelegt und glaubhaft nachgewiesen werden. Gegebenenfalls kann die Aufteilung im Rahmen einer Schätzung erfolgen, so z.B. wenn diese ansonsten einen unverhältnismäßig großen Aufwand darstellen würde.

Im Ergebnis werden die tatsächlich angefallenen Werbungskosten immer dann berücksichtigt, wenn diese den so genannten Werbungskosten-Pauschbetrag, § 9 a EStG übersteigen. Dieser liegt bei Arbeitnehmern derzeit bei EUR 1.230. Liegen die tatsächlichen Werbungskosten darunter, so steht dem Steuerpflichtigen in jedem Falle der Pauschbetrag zu.

Einzelne Werbungskosten

Das Einkommensteuergesetz enthält in § 9 Abs. 1 Nr. 1-7 EStG Auflistung möglicher Werbungskosten, die zum Abzug zugelassen sind. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Weitere Werbungskosten finden sich beispielsweise in den Einkommensteuerrichtlinien.
Beispielhaft werden einige der in § 9 Abs. 1 genannten Werbungskosten im folgenden näher erläutert.

Fahrtkosten

Die Aufwendungen des Steuerpflichtigen für die Fahrten zwischen seiner Wohnung zu seinem Arbeitsplatz (erste Tätigkeitsstätte), d.h. die sog. Pendlerpauschale, sind als Werbungskosten abziehbar. Dies gilt unabhängig davon, ob die Strecke mit dem Auto, zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurück gelegt wird. Erstattet werden dabei 30 Cent pro gefahrenem Kilometer einer einfachen Strecke (bis zum 20. Entfernungskilometer). Ab dem 21. Entfernungskilometer eine erhöhte Entfernungspauschale von 0,38 €.

Beispiel: Nehmen wir an, Max fährt täglich von seiner Wohnung zur Arbeit und zurück. Die einfache Strecke beträgt 25 Kilometer.

  • Für die ersten 20 Kilometer der Strecke kann Max 30 Cent pro Kilometer als Werbungskosten geltend machen. Das ergibt 20 km x 0,30 € = 6,00 €.
  • Für die verbleibenden 5 Kilometer über dem 20. Kilometer hinaus gilt die erhöhte Entfernungspauschale von 0,38 € pro Kilometer. Hierfür kann Max also 5 km x 0,38 € = 1,90 € ansetzen.

Insgesamt kann Max somit für eine einfache Fahrt zur Arbeit Werbungskosten von 6,00 € + 1,90 € = 7,90 € geltend machen.

Wenn Max an einem Arbeitstag hin und zurück fährt, verdoppeln sich die Beträge entsprechend. In diesem Fall würde Max für den Tag Werbungskosten von 15,80 € (7,90 € x 2) ansetzen können. Diese Berechnung gilt unabhängig davon, ob er mit dem Auto, zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln reist.

Der Begriff der ersten Tätigkeitsstätte wurde im Rahmen der Änderung des steuerlichen Reisekostenrechtes gesetzlich verankert. Als erste Tätigkeitsstätte gilt dabei eine ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, § 9 Abs. 4 EStG. Jeder Arbeitnehmer kann höchstens eine erste Tätigkeitsstätte (vorher: regelmäßige Arbeitsstätte) haben. Diese wird nach dienst- und arbeitsrechtlichen Kriterien festgelegt und ist entscheidend für die Berücksichtigung der Entfernungspauschale.
Sofern der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte inne hat, d.h. eine berufliche Auswärtstätigkeit ausübt, können die Fahrtkosten zu der auswärtigen bzw. zu mehreren auswärtigen Tätigkeitsstätten, ebenfalls als Werbungskosten abgezogen werden.

Nähere Details unter der Rubrik: Reisekostenrecht

Verpflegungsmehraufwand

Die vorher geltenden dreistufigen Pauschbeträge wurden im Rahmen der Änderung des Reisekostenrechts auf insgesamt zwei reduziert. Demnach kann der Arbeitnehmer folgende Mehraufwendungen für Verpflegung im Rahmen einer Auswärtstätigkeit geltend machen:

  • Bei einer Abwesenheit von mehr als 8 Stunden: EUR 12
  • Bei eine Abwesenheit von mehr als 24 Stunden: EUR 24

Erhält der Arbeitnehmer während seiner auswärtigen Tätigkeit Verpflegung von seinem Arbeitgeber bzw. im Auftrag des Arbeitgebers von einem Dritten, so sind die oben genannten Pauschbeträge um das Frühstück (20%), sowie Mittag- und Abendessen (40%) zu kürzen.

Beispielrechnung: bei einer mindestens 24-stündigen Abwesenheit ist ein Abzug für das Frühstück in Höhe von 24 x 0,2 = 4,8 Euro vorzunehmen.

Übernachtungskosten

Aufwendungen für Übernachtungen, die dem Steuerpflichtigen während seiner Auswärtstätigkeit erwachsen, können, sofern diese im Einzelnen nachgewiesen werden, als Werbungskosten abgezogen werden. Der in den Kosten enthaltene Anteil an Verpflegung ist, analog Punkt 2.2, um die Pauschbeträge für Frühstück, Mittag- und Abendessen zu kürzen.

Kosten für die Berufsausbildung

Gemäß § 9 Abs. 6 EStG sind Kosten für eine Berufsausbildung nur dann als Werbungskosten abziehbar, wenn es sich nicht um eine Erstausbildung handelt, d.h. bereits ein Studium bzw. eine Ausbildung (oder eine so genannte »Kurzausbildung«) absolviert wurde. Die Kosten für ein Erststudium können hingegen als Sonderausgaben geltend gemacht werden.
Der BFH hat hierzu im Beschluss v. 17.07.2014 entschieden, dass die Kosten der Erstausbildung bzw. des Erststudiums durchaus Werbungskosten darstellen. Er hält die Regelung des § 9 Abs. 6 zudem für verfassungswidrig und hat diese Frage dem BverfG vorgelegt.

Weitere Werbungskosten

Neben den unter Punkt 2 dargestellten Aufwendungen können als weitere Werbungskosten berücksichtigt werden:
1. Bei Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit:

  • Arbeitsmittel
  • Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer
  • Berufskleidung
  • Bewerbungskosten (Kopien, Porto, Fahrtkosten zum Vorstellungsgespräch etc.)
  • Fachbücher
  • Aufwendungen für die doppelte Haushaltsführung
  • Kontoführungsgebühren
  • Steuerberatungskosten
  • Telefon
  • Stempel
  • Umzug

2. Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung:

  • Abschreibung
  • öffentliche Abgaben (z.B. Grundsteuer), sofern sie sich auf das Objekt beziehen
  • Annoncen/Anzeigen
  • erstmalige Erschließungskosten
  • Erhaltungsaufwendungen
  • Finanzierungskosten
  • Hausmeister
  • Schornsteinfeger
  • Müllabfuhr (sofern nicht auf den Mieter umgelegt)

Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen besteht die Besonderheit, dass diese der so genannten Abgeltungssteuer (25%) unterliegen. Für diese Einkünfte ist der Abzug der tatsächlichen Werbungskosten (unter der Voraussetzung, dass die Abgeltungssteuer greift) ausgeschlossen. Statt dessen wird ein Werbungskosten-Pauschbetrag in Höhe von EUR 801 bzw. EUR 1.602 bei Verheirateten berücksichtigt.

Spezialfälle: vorweggenommene / nachträgliche Werbungskosten

In bestimmten Fällen erlaubt es das Gesetz, entstandene Aufwendungen, die im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit stehen, denen aber noch keine Einnahmen gegenüber stehen, als vorweggenommene Werbungskosten abzuziehen. Beispiel sind Aufwendungen für eine weitere Berufsausbildung, sofern zeitgleich keine Einkünfte erzielt werden. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung können die Finanzierungskosten (z.B. für den Erwerb der später zu vermietenden Immobilie) als vorweggenommene Werbungskosten abgezogen werden.

Im Gegenzug dazu können unter bestimmten Voraussetzungen Aufwendungen, die nach Beendigung der Einkünfteerzielung anfallen als nachträgliche Werbungskosten geltend gemacht werden. Diese können beispielsweise Abstandszahlungen, Kosten für einen Räumungsprozess gegen den Mieter oder rückständige Zinsen, die auf die Zeit der Vermietungstätigkeit entfallen, sein.

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