Besteuerung von Geldanlagen - Kapitalertragssteuer

Von Olga Prosvetova Olga Prosvetova Selbstständige Steuerberaterin mit langjähriger Erfahrung in diversen kleinen und mittelständischen Steuer-Kanzleien. • Veröffentlicht am 06.04.2021- zuletzt aktualisiert am 04.08.2022

Das Steuerrecht in Deutschland gilt als enorm komplex. Gerade im Vergleich zu anderen Ländern wird schnell klar, dass Deutschland besonders viele Steuergesetze hat und es kaum einen Sachverhalt gibt, der nicht reguliert ist. Das führt leider dazu, dass vielen Bürgern gar nicht mehr klar ist, wie sie gewisse Einnahmen versteuern müssen. Gerade im Bereich der Geldanlage ist oft unklar, ob und in welcher Höhe eigentlich Steuern anfallen. Viele Menschen haben Geld für das Alter angelegt und investieren in Aktien oder andere Formen der Geldanlage, um in Zukunft einen gewissen Wohlstand erreichen oder halten zu können. Doch welche steuerlichen Aspekte sind dabei eigentlich zu beachten und was sollte man sonst noch wissen, wenn man Einkünfte mit seinen Geldanlagen erzielt?

In diesem Artikel wollen wir uns mit diesem Thema befassen und zeigen, worauf es bei der steuerlichen Behandlung von Geldanlagen ankommt. Der Fokus soll dabei natürlich auf dem deutschen Steuersystem liegen.

Besteuerung von Geldanlagen - Foto: maxxyustas

Wie werden Geldanlagen besteuert?

Es gibt viele Möglichkeiten der Geldanlage, die steuerlich nicht immer gleich behandelt werden. Wer sein Geld beispielsweise in Aktien oder Fonds investiert, der muss die Gewinne in der Regel mit der Abgeltungssteuer versteuern. Das bedeutet also, dass in solch einem Fall nicht der persönliche Steuersatz anfällt, sondern der pauschale Abgeltungssteuersatz in Höhe von 25 Prozent. Allerdings wird auch noch der Solidaritätszuschlag berechnet, wodurch die tatsächliche Steuerlast noch ein wenig höher ausfällt und etwas mehr als 26 Prozent beträgt. Wer dann auch noch Mitglied in einer Kirche ist, der muss dann auch noch die Kirchensteuer abführen. Abhängig vom Bundesland sind das noch einmal 8 bis 9 Prozent von der eigentlichen Steuerlast. So kann die Abgabenlast auf insgesamt knapp 28 Prozent steigen. Von 1000 Euro Kapitalerträgen bleiben also nur noch rund 72 Euro übrig.
Allerdings gibt es Freibeträge und einige Gestaltungsmöglichkeiten, um die Steuerlast zu optimieren. Wer nur relativ niedrige Einkünfte mit seinen Geldanlagen erzielt, der muss sich damit aber gar nicht so viel genauer beschäftigen. Denn er kann den Freibetrag nutzen und muss seine Kapitalerträge nicht versteuern, wenn diese niedriger als der Freibetrag sind.

Der Freibetrag für Kapitalerträge

Glücklicherweise gibt es einen Freibetrag in Höhe von 801 Euro für Alleinstehende und 1602 Euro für verheiratete Paare. Bis zu dieser Höhe sind keine Steuern zu zahlen. Wer also Aktien besitzt und im Jahr nur 500 Euro Dividenden erhält, der muss diese also nicht versteuern. Wenn zusätzlich zu diesen 500 Euro Dividenden aber auch noch einmal Veräußerungsgewinne von 500 Euro erzielt werden, dann müssen anteilig Steuern gezahlt werden. Bis zur Grenze von 801 Euro fallen keine Steuern an, doch der darüber hinausgehende Betrag in Höhe von 199 Euro muss versteuert werden. Das wird in der Regel direkt von der jeweiligen Bank getan. Damit der Freibetrag auch tatsächlich berücksichtigt wird, muss aber ein Freistellungsauftrag bei der Bank hinterlegt werden. Wer also ein Aktiendepot bei seiner Bank hat und dort Kapitalerträge erzielt, der sollte dort auch seinen Freistellungsauftrag in Höhe von 801 Euro erteilen.

Freistellungsaufträge splitten!

Wer seine Geldanlagen auf unterschiedliche Banken aufsplittet, der kann auch seinen Freistellungsauftrag aufteilen. So ist es ohne Probleme möglich, bei einer Bank einen Freistellungsauftrag in Höhe von 401 Euro und bei einer anderen Bank in Höhe von 400 Euro zu erteilen. Wer dies versäumt hat, der kann die zu viel gezahlten Steuern noch in der Steuererklärung zurückerhalten. Übrigens muss man in diesem Zusammenhang vorsichtig sein, dass man keinen zu hohen Freistellungsauftrag erteilt. Zwar ist es erst einmal nicht problematisch, bei mehreren Banken Freistellungsaufträge zu erteilen, die in Summe mehr als 801 Euro betragen. Wenn diese auch tatsächlich genutzt werden und der Steuerpflichtige Einkünfte in Höhe von mehr als 801 Euro erzielt, die durch Freistellungsaufträge abgedeckt sind, dann muss er das unbedingt in seiner Einkommenssteuererklärung erklären. Denn sonst würde das dazu führen, dass Steuern hinterzogen werden.

Übrigens betrifft das nicht nur Einkünfte aus Aktien und Fonds. Auch Zinsen aus anderen Formen der Geldanlage werden von der Kapitalertragssteuer erfasst. Wer also Geld in Form von Festgeld oder auf dem Tagesgeldkonto anlegt, der muss sich ebenfalls mit diesem Thema befassen. Zwar sind die Zinsen aktuell nicht besonders hoch. Doch manchmal bieten die Banken trotzdem noch gute Angebote an, von denen man als Kunde profitieren kann. Beim Eröffnen eines solchen Kontos sollten Anleger auch direkt einen Freistellungsauftrag bei der jeweiligen Bank erteilen. Das ist innerhalb von wenigen Minuten erledigt und kann enorm viel Aufwand ersparen.

Wie sieht es bei alternativen Formen der Geldanlage aus?

Anlage an Gold und anderen Edelmetallen

Natürlich gibt es nicht nur die Möglichkeit, sein Geld in Wertpapieren anzulegen oder auf ein Tagesgeldkonto einzuzahlen. Wer sich beispielsweise für eine Investment in Gold oder ein anderes Edelmetall entscheidet, der muss sich natürlich auch mit den jeweiligen Besonderheiten auseinandersetzen. Wenn ein Anleger mit einem Investment in Gold einen Gewinn erzielt, dann wird erst einmal keine Kapitalertragssteuer fällig. Es gibt also einige Szenarien, in denen die mit Gold erzielten Gewinne steuerfrei sind. Allerdings ist die Voraussetzung dafür, dass das Gold mindestens ein Jahr lang gehalten wurde. Wer Goldmünzen in Bar kauft und verkauft, der sollte also die Belege aufbewahren und genau Buch darüber führen, wann er welche Investition getätigt hat. Denn wenn das Finanzamt auf Umsätze aufmerksam wird, dann sollte man auch genau darlegen können, dass man die Haltefrist von einem Jahr eingehalten hat, bevor man einen Gewinn realisiert hat. Sonst kann es durchaus passieren, dass man die erzielten Gewinne versteuern muss. Dadurch würde eine Anlage in Gold und andere Edelmetalle natürlich weniger attraktiv werden.

Übrigens gilt diese Regel nicht nur für Gold, sondern auch für weitere alternative Formen der Geldanlage. Wer sich beispielsweise für eine Rolex als Geldanlage entscheidet, der kann ebenfalls von der Steuerfreiheit profitieren, wenn das Anlageobjekt länger als ein Jahr gehalten wird. Sollte man ein günstiges Angebot entdecken und sich schon nach weniger als einem Jahr für einen Verkauf entscheiden, dann ist der damit erzielte Gewinn zu versteuern. Übrigens gilt das nicht nur für Edelmetalle, Schmuck, Kunstgegenstände und weitere vergleichbare Dinge. Auch bei einer Geldanlage in Kryptowährungen gilt diese Regel.

Anlage in Kryptowährungen

Wer einen Bitcoin erwirbt und einen Gewinn erzielt, der den Freibetrag in Höhe von 600 Euro überschreitet, der muss die Haltefrist von einem Jahr beachten oder den erzielten Gewinn versteuern. Gerade im Bereich der Kryptowährungen und Steuern gibt es aber noch einige weitere Fallstricke, die bei der Steuererklärung warten. Wer in diesem Bereich Gewinne erzielt, der sollte also einen Steuerberater beauftragen, der bereits in diesem Bereich tätig war und deshalb auch über das entsprechende Fachwissen verfügt. Denn sonst kann es auch noch nach einigen Jahren zu einer bösen Überraschung in Form einer Steuernachzahlung kommen. Gerade im Bereich der Kryptowährungen passiert es immer wieder, dass Anleger den steuerlichen Aspekt vollkommen ignorieren und in der Folge vollkommen überrascht sind, wenn eine Forderung vom Finanzamt kommt. Doch das kann man vermeiden, indem man sich schon frühzeitig gut beraten lässt.

Weitere wichtige Informationen für Anleger

Natürlich ist das deutsche Steuerrecht nicht ganz so simpel, wie es in den ersten Absätzen dargestellt wird. Denn es gibt zahlreiche Sonderfälle, die an dieser Stelle nicht behandelt werden können. Ein Beispiel dafür ist der Kauf von ausländischen Aktien. Wer Aktien von US-Amerikanischen Unternehmen hält, der muss bereits in den USA Steuern auf die gewährten Dividenden entrichten. Der Steuersatz dafür beträgt 30 Prozent, kann aber auf Antrag auf 15 Prozent reduziert werden. Die verbleibenden 15 Prozent können dann in Deutschland auf die Kapitalertragssteuer angerechnet werden. Das ist möglich, weil Deutschland und die USA ein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen haben. Dieses hat das Ziel, eine doppelte Besteuerung zu vermeiden und den Kapitalverkehr zu fördern. Solche Doppelbesteuerungsabkommen hat Deutschland übrigens mit vielen verschiedenen Ländern geschlossen. Aus diesem Grund gibt es sehr viele Möglichkeiten, um die Abgabenlast zu reduzieren, wenn man Dividenden von ausländischen Unternehmen erhält. Allerdings muss man sich stets mit dem Einzelfall und dem jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommen auseinandersetzen, um die passende Lösung zu finden. An dieser Stelle kann auch der Gang zum Steuerberater ratsam sein. Allerdings lohnt sich das erst bei einem höheren Anlagevolumen, da die gesparten Steuern sonst in keinem Verhältnis zu den anfallenden Kosten stehen.

Die steuerliche Situation von Kapitalerträgen im Ausland

Natürlich ist die steuerliche Situation in Deutschland für die meisten Leser am wichtigsten. Trotzdem lohnt sich auch ein Blick ins Ausland. Besonders häufig wird der Vergleich zum österreichischen Steuersystem gezogen, da diese zwar viele Parallelen aufweist, doch in zahlreichen Punkten auch deutlich anlegerfreundlicher ist. So gibt es in Österreich auch die Abgeltungssteuer in Höhe von 25 Prozent. Doch eine steuerpflichtige Person muss sich nicht zwingend für diesen Steuersatz entscheiden. Wenn der persönliche Steuersatz niedriger als dieser Sondersteuersatz ist, dann ist auf Antrag eine Versteuerung zum persönlichen Steuersatz möglich. Das ist vor allem dann von Vorteil, wenn man seine Geldanlage auf Aktien oder Fonds aufgebaut hat und im Alter von den Dividenden leben möchte. Denn wenn man im Alter keine weiteren Einkünfte hat, dann wird eine Versteuerung zum persönlichen Steuersatz deutlich günstiger sein.

Wie sieht es bei Kapitalerträgen in Deutschland aus?

In Deutschland gibt es diese Option leider nicht. Allerdings diskutiert man hierzu, den Sondersteuersatz für Kapitalerträge vollständig abzuschaffen. In der Folge würden alle Anleger ihre Gewinne mit dem persönlichen Steuersatz versteuern müssen. Zwar können einige Anleger davon profitieren. Doch für die allermeisten Anleger würde dieser Schritt bedeuten, dass sie in Zukunft deutlich höhere Steuern auf ihre Kapitalerträge zahlen müssen. Dadurch würde eine Geldanlage in Aktien, Fonds und anderen Wertpapieren deutlich unattraktiver werden. Auch wenn solch eine Änderung im aktuellen Koalitionsvertrag festgehalten wurde ist fraglich, ob sie tatsächlich umgesetzt wird.

Was bedeutet die komplexe Besteuerung von Geldanlagen für den Steuerpflichtigen?

Wie im Artikel dargelegt, gibt es bei der Besteuerung von Geldanlagen sehr viele verschiedene Fallstricke. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass man sich sehr gut informiert, bevor man sich für eine bestimmte Form der Geldanlage entscheidet und sein Kapital investiert. Relativ simple ist es aktuell bei einer Geldanlage in die Aktien von deutschen Firmen. Denn dann kann man seinen Freibetrag sehr unkompliziert nutzen und braucht sich erst einmal keine Gedanken um die steuerliche Behandlung machen. Denn auch bei einer Überschreitung des Freibetrags, kümmert sich die Bank um die Abführung der Steuern. Wer seinen Freistellungsauftrag einmal korrekt eingerichtet hat, braucht sich also nicht weiter darum zu kümmern. Bei einer Geldanlage im Ausland ist die Sache schon deutlich komplexer. Man muss sich sehr genau über die Besonderheiten im jeweiligen Land informieren und prüfen, wie sich ein eventuell vorhandenes Doppelbesteuerungsabkommen auswirkt.

Gerade bei kleineren Summen ist es nicht unbedingt ratsam, sich für solche Formen der Geldanlage zu entscheiden. Denn der Aufwand steht nicht im Verhältnis zur möglichen Rendite. Anders sieht es aus, wenn man eine größere Summe investieren möchte. Denn dann lohnt es sich auch, schon im Vorfeld einen Steuerberater zu beauftragen, um den gesamten Vorgang abzusichern. Grundsätzlich ist es ratsam, sich an einen Steuerberater zu wenden, wenn man die steuerlichen Auswirkungen einer Handlung nicht selbst überblicken kenn. Denn nur so kann man sich davor schützen, versehentlich Steuern zu hinterziehen. Und in den meisten Fällen ist die Beratung durch einen Steuerberater gar nicht so teuer, wie es die meisten Menschen erst einmal vermuten mögen. Denn häufig reicht schon eine relativ kurze Bearbeitungszeit, um die gängigen Fragen zu klären.

nach oben